The Hate U Give - Ab heute im Kino

24 Januar 2019

There are so many more.

Yet I think it'll change one day. How? I don't know. When? I defenitely don't know. Why? Because there will always be someone ready to fight. Mayb it's my turn.

- Starr, in The Hate U Give by Angie Thomas
IMDb entnommen




Titel: The Hate U Give
Regisseur: George Tillman Jr.
Genre: Drama
Länge: 133 Minuten
Mit: Amandla Stenberg, Russell Hornsby, Regina Hall, Common,  Anthony Mackie und K.J. Apa







Inhalt

16-jährige Starr lebt zwei Leben: Ihr Zuhause im armen Viertel Garden Heights und ihre teure Privatschule Williamson. Das eine schwarz, das andere weiß. Vorsichtig hält sie die beide Teile voneinander getrennt, bis sie keine Chance mehr hat und alles in sich zusammenfällt. Ihr Jugendfreund Khalil wird von der Polizei angehalten und kurz darauf erschossen. Sie ist die einzige Zeugin. Sie hatte sich geschworen nie zu schweigen wenn Unrecht passiert, doch jetzt ist sie zerrissen zwischen ihrer Familie und Freunden und der Angst um ihr Leben.


Meine Meinung


Natürlich ist das Buch besser. Das Buch ist immer besser.
Doch so selbstverständlich das auch sein mag, der Film verdient es unabhängig, fern von der Romanvorlage zu stehen und betrachtet zu werden - und das werde ich versuchen. Es handelt sich immerhin um zwei unterschiedliche Medien mit zwei völlig unterschiedlichen Vorgehensweisen und Rückwirkungen.

Angie Thomas Roman ist weit. Weit wie ein Gebirge mit fernen Horizonten und genügend Freiraum für eine individuelle Leseerfahrung. Starrs Gedanken zu dem Tod ihres Freundes und ihre Zerrissenheit zwischen ihren unterschiedlichen, teilweise gegensätzlichen, Rollen sind intensiv und fahren einem direkt unter die Haut.
"If The Hate U Give makes you feel uncomfortable, that's because it should." - Eine Kritik der Christian Science Monitor Zeitung, die dieses Gefühl recht genau auf den Punkt bringt. Die Autorin hat es geschafft, Unaussprechliches in Worte zu verwandeln, die eine Spannung erzeugen, die so natürlich nicht im Film vorgetragen werden kann, denn sonst würden wir nur Monologen von Starr zuhören. Viele Dinge mögen Lesern des Romans auf der Leinwand plötzlich zu simpel und zu einfach erscheinen - Starrs Familie zum Beispiel, die das Zentrum der Handlung ist, noch mehr so im Film, und recht rosa-rot verwaschen wirkt, im Gegensatz zu der Komplexität im Roman. Doch wo soll man auch hin damit, in 133 Minuten? Um einen roten Faden zu kreieren, müssen zwangsweise rechts und links Bruchstücke der Handlung und Charaktertiefen liegenbleiben.




Betrachtet man was übriggeblieben ist, so hat man eine gelungene Adaption und ein makelloses Drama vor sich. Das Cast ist an der Spitze von allem, was man sich nur wünschen kann und jede einzelne Leistung ist großartig:

Die Familie Carter scheint aus den Seiten des Romanes ohne Umwege direkt auf die Leinwand marschiert zu sein - Amandla Stenberg (Die Tribute von Panem) als Protagonistin Starr hätte schon allein den ganzen Film tragen können. Die kleine Rue aus Panem, Distrikt 11 ist wahrlich erwachsen geworden und gibt uns eine meisterhafte Performance. Sie ist charmant, wunderschön und stark! Regina Hall (Scary-Movie) und Russell Hornsby (Fences, Creed II) sind als ihre Eltern ebenso einprägsam und obwohl man, aus meiner Sticht, die Romantik bei dem Paar etwas zu stark aufgedreht hat, habe ich jede Szene mit ihnen sehr bewundert. Vor allem Russel Hornsby hat viel Screentime und wird keinen Zuschauer unbeeindruckt lassen. Uncle Carlos, Starrs zweite Vaterrolle, hat recht viel von der Handlungskürzung abbekommen und taucht im Film eher nur am Rande auf. Trotzdem gelingt es Common (Brown Sugar, John Wick) den Charakter gut einzufangen und die meisten werden das Buch eh nicht gelesen haben - was man nicht weiß kann man nicht vermissen. Khalil... Starrs Kindheitsfreund, der erschossen wird, taucht selbstverständlich weniger im Film auf, da er im Laufe der Handlung mehr und mehr zu einer Erinnerung und einem Symbol wird. Algee Smith (Detroit) füllte in den Anfangsszenen die Rolle sehr gut, auch wenn ich etwas unentschieden bin. Auch hier wurde die Romantik aufgedreht, bzw. seine Beziehung zu Starr umgestaltet, vielleicht etwas zu stark. Ich kann nicht viel sagen, ohne euch alle zu spoilern, deshalb nur bis hier und nicht weiter. Doch – again – wird hier wahrscheinlich gelten, dass das nur ein kleiner Dorn im Auge der Leser sein wird. Das Gegenteil zu Khalil wäre Starrs fester, weißer Freund Chris, besetzt, nach einem Cast-Wechsel, mit K.J. Apa (hier mögen alle Riverdale-Fans aufschreien). K.J. spielt die Rolle sehr naiv, ironisch und liebenswürdig – also genau wie Buch und ein weiterer Treffer ins Schwarze. Ob man das gleiche auf die Schauspielerwahl von King, dem am größten gefürchteten Drogen Dealer der Nachbarschaft, beziehen kann, weiß ich nicht. King ist wirklich böse. Die Korruption durch und durch. Zerstörer von Leben wo er nur hingeht. Anthony Mackie (Captain America) hat mich dann völlig überrumpelt, er sieht genau wie das Gegenteil aus, von allem, was ich mir vorgestellt hatte. Doch je länger ich mich drüber nachdenke ich mich aufrege, desto mehr Sinn sehe ich auch in der Besetzung. Wie soll schon so ein Charakter aussehen? Wieso nicht wie ein Model? Hm, wie ihr vielleicht merkt habe ich über diesen Punkt noch einige Selbstgespräche zu führen. 

Das betrifft auch beide Gesamtwerke – Buch und Film. Zwei Schlüsselszenen wurde in dem Film leicht geändert, mit jedoch drastischer Auswirkung. Zum einen Khalils Todesszene, Stichwort: Haarbürste, zum anderen das Ende, Stichwort: Garden Heights. Ich muss hier wirklich Slalom fahren, um jeglichen Spoilern zu entgehen. Jedenfalls bin ich nicht sicher, ob diese Modifikationen die gesamte Nachricht der Geschichte ändern. Auf das erste Stichwort kann ich sogar genauer eingehen, immerhin sieht man die Szene im Trailer: Als Khalil von dem Polizisten befohlen wird beim Auto zu bleiben und sich nicht zu bewegen, greift Khalil schelmisch grinsend in das Auto hinein und zieht langsam eine Haarbürste heraus. Diese Aktion ist der Auslöser für die Reaktion des Polizisten – er erschießt Khalil. Dieses „Dilemma“ taucht auch im Buch auf, jedoch nicht in diesem Ausmaß und so bewegt sich Khalil in der Romanversion nur, um die Tür zu öffnen und Starr zu fragen, ob sie „okay“ ist. Darauf folgen die Schüsse. Vielleicht sehe ich auch Gespenster und manche werden in den Szenarios keinen Unterschied sehen. Ich drehe sie jedoch wieder und wieder in meinem Kopf und überlege, warum dieses Detail verändert wurde. Um dem Fall mehr Komplexität zu geben? Aus dem Augenwinkel hätte es aussehen können, als ob Khalil eine Pistole zieht, mehr, als wenn er einfach nur die Autotür aufmacht. So könnte man meinen. Die Frage gebe ich gerne weiter – vielleicht hat jemand andere Ideen oder Denkanstöße. Oder auch andere Fragen. 

Von diesem Exkurs zurückkehrend – der Song We Won’t Move aus dem Filmsoundtrack war auf der Shortlist für den Oscar Bester Song. Seit Vorgestern wissen wir, dass er nicht bei den finalen fünf Nominierungen dabei ist, doch trotzdem wollte ich die Musik positiv erwähnen.


Fazit


THUG / The Hate U Give ist ohne Zweifel eine überaus gelungene Literaturverfilmung und auf jeden Fall ein Kinoticket wert. Es ist wichtig, ja, eine Pflicht, kritisch zu bleiben, über Ungerechtigkeit offen zu sprechen und zu diskutieren. Auch wenn manche Themen hier in Deutschland weit, weit entfernt wirken - solche Filme sind wichtig. Sie betreffen uns alle. Ich hoffe in Zukunft noch mehr Filme auf der großen Kinoleinwand zu sehen, die diesem Beispiel folgen. Wenn du kannst, würde ich empfehlen auf Englisch den Film zu schauen – die Sprache, der Slang, ist, speziell in THUG, sehr charaktergebend. Doch ich weiß, dass es nicht so leicht ist in OV Vorstellungen zu gelangen, also bevor du den Film gar nicht siehst, schau ihn dir auf Deutsch an. Und lies das Buch. Das auch.

5 von 5 Punkten




Englischer Trailer



Deutscher Trailer

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